THL T9 Plus

Praxistest

26.02.2017

Das THL T9 Plus ist ein Einsteiger-Smartphone mit akzeptabler Ausstattung, das für alle Alltagsaufgaben eigentlich gut gerüstet ist. Das System fährt sehr schnell hoch und steht Ruckzuck zur Nutzung bereit. Das habe ich bisher so schnell noch bei keinem anderen Smartphone gesehen. Dennoch hat mich seit langem kein anderes Smartphone so gefordert. Dazu aber später mehr.
Die technischen Daten lesen sich gut, für ein Smartphone unter 100,00€. Das telefonieren klappt sehr gut. Die Gesprächsqualität ist nicht zu beanstanden und mit das Beste, was ich in letzter Zeit am Ohr hatte. Auch der Gegenüber lobt die gute Gesprächsqualität.
Der Prozessor stammt aus dem Regal von Mediatek und ist nicht unbedingt spektakulär aber in dieser Preisklasse oft vertreten. Es ist der MTK6737, Quad-Core 64bit, der mit 1,3 GHz taktet. THL kitzelt hier aber sehr gute 35720 AnTuTu-Punkte heraus, was im Vergleich zu den Mitbewerbern ein sehr guter Wert ist. Die Grafik wird mittels Mali T720 abgebildet. Unterstützung erhält das ganze Paket durch einen Arbeitsspeicher mit 2 GB RAM. Das ist wirklich solide.

Der interne Speicher hat eine Kapazität von 16 GB, von welchen mehr als 12 GB zur Verfügung stehen. Inzwischen ist es sehr selten, dass neben dem erweiterbaren Speicher auch noch 2 SIM-Karten Platz finden. Meist werden inzwischen Kombi-Slots verbaut. Hier gibt es von mir einen großen Pluspunkt.

Die Steckplätze befinden sich unter der abnehmbaren Rückseite. Die Abdeckung aus Kunststoff ist geriffelt und mit einer Antirutsch-Oberfläche beschichtet. Sie sitzt bombenfest. Nichts knarzt oder gibt nach, wenn man versucht das Smartphone zu verwinden. Aber Vorsicht, die Abdeckung ist dennoch sehr grazil. Beim Ablösen sollte man große Vorsicht walten lassen, insbesondere im Bereich der Kamera. Hier sind die Stege sehr dünn.
Der Akku hat eine Kapazität von 3000 mAh und ist wechselbar. Der Saft reicht gut über den Tag. Auch 2 Tage sind bei normaler Nutzung drin. Das zählt eindeutig zu den Stärken des Smartphones. Mediatek Pump-Express sucht man aber vergeblich, so dass man mindestens 3,5 Stunden braucht, um den Akku wieder vollständig aufzuladen.
Erstaunlich, wie THL den Platz im Gehäuse ausnutzt und eine flache Bauweise, trotz großem Akku, gewährleistet. Ein Flachmann ist es mit 8,5 mm zwar nicht, aber dünner, als ein Vernee Apollo mit 9,2 mm ist es alle mal. Dabei wirkt das Smartphone sehr stabil und liegt mit 178 g fühlbar satt in der Hand. Der Rahmen scheint aus Metall zu sein und dem Gerät eine ordentliche Stabilität zu verleihen. Dem Ganzen kommt zu gute, dass es nur auf der rechten Gehäuseseite Aussparungen für den Powerknopf und die Lautstärkewippe gibt. Oben gibt es einen 3,5 mm Klinkenanschluss für den Kopfhörer und unten ist ein Micro-USB Anschluss sowie Öffnungen für Lautsprecher und Micro verbaut.
Das 5,5 Zoll Display löst mit HD 1280 x 720 auf. Das reicht für ein Einsteiger-Smartphone, ist aber keine Augenweide. Die Farben wirken etwas blass. Da aber MiraVision an Bord ist, kann man das Display an seine Wünsche anpassen. Leider verbaut THL einen Touchscreen, der nur 2 Punkte erkennt. Hier hat THL merklich gespart und es ist eines der Schwachpunkte des Gerätes. Die Ränder links und rechts vom Display fallen deutlich aus, sind aber immer noch schmaler, als bei einem iPhone 7 Plus. So erstaunt es nicht, dass es 0,6 mm schmaler und 6,2 mm kürzer ist. Mit 7,3 mm ist das iPhone aber deutlich dünner. Geschickt versucht THL den Eindruck zu erwecken, es handle sich um 2,5 D Glas. Es ist aber nur schnödes Plastik, welche das Gehäuse zu den Außenseiten abrundet. Verstecken braucht sich das THL T9 Plus damit aber nicht. Die Verarbeitung geht insgesamt in Ordnung und ist für diese Preisklasse nicht zu beanstanden.
Die Kameras gehören nicht zur Paradedisziplin des Smartphones. Die Rückkamera stammt von Sony und löst mit 8 Mpx auf. Im Menü entsteht zwar der Eindruck, es sei eine 13 Mpx-Kamera, aber dem ist nicht so. Die Auflösung wurde einfach auf 13 Mpx interpoliert. Immerhin ist HDR, Gesten-Funktion und Panoramabild an Bord. Die Fotos können mich aber nicht überzeugen. Den Bildern fehlt die Dynamik und sie wirken farblos. Auch HDR bringt hier keine Besserung. Im Gegenteil, die Aufnahmen wirken überbelichtet. Nur in der Nahaufnahme sind die Farben plötzlich viel besser, selbst bei schwachem Licht.
Die Selfikamera löst mit 1,9 Mpx auf und ist ebenfalls interpoliert auf 5 Mpx. Diese Kamera ist eigentlich gar nicht zu gebrauchen. Die Aufnahmen sind unscharf und verwaschen. Es fehlt fast jeglicher Kontrast. Dadurch gleicht das Bild eher einem Gemälde, als einem Foto. Hier gibt es einen ganz dicken Minuspunkt von mir.
Das Betriebssystem ist Android 6.0, wurde aber von THL angepasst. Die Icons haben eine sehr einfache Grafik und gefallen mir persönlich nicht. Glücklicherweise kann man das aber mit einem anderen Launcher ändern.
Jetzt komme ich aber zum eingangs geschilderten Problem. Die feststehende Google-Suchleiste wurde nicht nur optisch verändert, sondern im ROM auch so programmiert, dass die Suche immer auf Yahoo umgeleitet wird. Zuerst dachte ich, gar kein Problem, denn die Suchmaschine lässt sich ja einstellen. Zu meiner Überraschung, wurde die Suche aber weiter auf Yahoo umgeleitet, obwohl eindeutig Google ausgewählt wurde. Das ist schon eine Frechheit. Will THL hier dem krieselnden Unternehmen Yahoo unter die Arme greifen? Nach langem hin und her, ist es mir dann gelungen, diese Suchleiste ganz zu deaktivieren und durch das Original-Widget von Google zu ersetzen. Da hat mir der Zufall in die Hände gespielt. Mein Virenscanner, AVG AntiVirus, hat die "Suche-App", als Malware identifiziert und vorgeschlagen, diese App zu deaktivieren, denn deinstallieren lässt sie sich nicht. Nach der Deaktivierung war dann die Suchleiste ganz weg und ich konnte das Google-Suche Widget für den Bildschirm auswählen. Nun läuft alles so, wie es soll.
Beim Scan der AntiVirus-Software, wurde auch noch die "Cool Gallery", als Malware identifiziert. Ich hatte mich schon gewundert, warum 2 Galerien installiert waren. Jetzt ist klar, dass THL wohl unerlaubt Daten abgreifen möchte. Auch diese App habe ich mittels AVG AntiVirus deaktiviert.
Nun noch eine weitere Merkwürdigkeit. Die YouTube-App stand nach dem Check auch auf der Liste der Malware. Ich habe diese zunächst ebenfalls deaktiviert. Nach dem Neustart erhielt ich dann die Fehlermeldung "YouTube wurde beendet". Auch nach drücken der o.k.-Taste tauchte die Meldung sofort wieder auf. Die Möglichkeit noch irgend etwas anderes zu tun, war fast unmöglich. Letztlich konnte ich dann, nach großen Schwierigkeiten, über den Google-Play-Store, die YouTube-App wieder aktivieren. Nach einem Virenscan, wurde sie nun nicht mehr als Malware identifiziert. Vorsichtshalber habe ich der App aber alle Rechte entzogen. Unter Amazon berichten andere Nutzer von ähnlichen Problemen mit dem THL T9 Pro. Bleibt zu hoffen, dass THL dies mit einem Update aus der Welt schafft.
Das Dual-SIM- Handy unterstützt alle Frequenzen in Deutschland, auch die wichtige LTE-Frequenz 800 Mhz (Band 20). Die WiFi-Bänder im 2,4 Ghz Bereich (b,g,n) werden ebenfalls unterstützt. Das 5 Ghz Band wird nicht unterstützt.
Bluetooth ist in der Version 4.0 vorhanden. GPS, A-GPS  sind an Bord und unterstützen eine zuverlässige Navigation. Die gängigen Satelliten werden schnell gefunden.
Ein Highlight ist der Fingerprintsensor. Er funktioniert sehr zuverlässig und erkennt bis zu 5 Fingerabdrücke.
Fazit: Es gibt Licht, aber auch Schatten, so dass ich das THL T9 Plus nicht uneingeschränkt empfehlen kann. Für das Smartphone sprechen der Preis, die solide Technik, das gut verarbeitete Gehäuse, der Akku, der erweiterbare Speicher (ohne Kombi-Slot), volle LTE-Unterstützung, der Fingerabducksensor und das Betriebssystem. Allerdings sollte man sich bewusst sein, dass der Touchscreen und die Kameras, insbesondere die Selfie-Cam, nicht so der Knaller sind. Hinzu kommt ein NoGo, und das ist die Malware im ROM des Telefons. Deshalb gibt es von mir keine Kaufempfehlung.

Autor: Bernd Volkmer