Amazfit Bip Lite

Praxistest

26.04.2020

Huami produziert für Xiaomi Smartwatches unter dem Logo Amazfit. Die Amazfit Bip Lite ist die Einsteiger Smartwatch des Herstellers und schon für um die 50,00€ zu haben.

Lohnt der Kauf und wenn ja, für welches Klientel? Ich habe die Uhr über eine Woche ausgiebig getestet. Da es inzwischen die 5. Smartwatch ist, die ich in den Fingern hatte, kann ich gut vergleichen. 

 

Die Uhr kommt in einer durchsichtigen Kunststoffverpackung, welche den Blick auf die Uhr erlaubt. In der Packung findet man neben der Uhr mit Silikonarmband, eine Ladeschale mit USB-Kabel und eine mehrsprachige Bedienungsanleitung, auch in Deutsch.

Auf dem Uhrenglas ist eine abziehbare Transportschutzfolie mit dem Bild des Zifferblattes. 

 

Details:

Marke: Huami 

Modell: Amazfit Bip Lite

Produkttyp: Smartwatch

Gehäuse: Polycarbonat

Kompatible Betriebssysteme: iOS 9.0 oder höher, Android 4.4 oder höher

Bedienung: Touchscreen und Krone

Sportarten: 4 (Outdoor Laufen, Indoor Laufen, Radfahren, Gehen

Bluetooth: 4.1

Akku-Laufzeit: bis zu 45 Tage

Display: LCD 1.28" (Transflektives Allways On Display bei Tageslicht/beleuchtet bei Dunkelheit)

Displayauflösung: 176 x 176 Pixel

Armbandmaterial: Silikon 195 mm

WLAN: Nein

Near Field Communication (NFC): Nein

Sensoren: Vibrationssensor, Beschleunigungssensor 

App Name: Mi Fit

Wasser geschützt: 3 ATM

Batterie-/ Akkutyp: 200mAh Li-Polymer

Ladezeit laut Hersteller: 2.5 Std.

Maße: Breite 36 mm × Höhe 48 mm x Tiefe 10 mm

Gewicht: 32 g

Farben: Schwarz, Blau, Rosè

Lieferumfang: Amazfit Bip Lite, USB Ladeadapter, Kurzanleitung

 

Verarbeitung und Design

 

Die Smartwatch gibt es in schwarz, blau oder rosè. Ich habe die schwarze Variante gewählt. 

Das Polycarbonatgehäuse ist sehr flach. Das wechselbare Silikonarmband passt gut zur filigranen Uhr. Das Uhrenglas ist kratzfest. Ob es tatsächlich so ist, vermag ich nach einer Woche nicht einzuschätzen. Ein Nutzer hat mit berichtet, dass es wohl doch anfällig für Kratzer sei.

An der rechten Seite befindet sich der Power- und Funktionsknopf. Das Design erinnert an eine Apple Watch oder die Amazfit GTS.

Die Unterseite besteht aus schwarzem Kunststoff. Dort befinden sich die Sensoren zur Herzfrequenz Messung und die Ladekontakte.

Die Uhr sieht sehr smart aus und schmiegt sich eng an das Handgelenk. Man spürt die 32 g kaum, so dass sie auch beim schlafen nicht stört. Das Silikonarmband hat eine einhakbare Sicherung.

Das Tragegefühl ist sehr angenehm. Die Uhr ist spritzwassergeschützt (3ATM), hat aber keine IP Zertifizierung. Zum duschen muss man sie wohl nicht ablegen, aber ich würde sie nicht zum schwimmen oder tauchen mitnehmen. 

 

Display

 

Das LCD Display ist nicht Jedermanns Geschmack. Es löst mit 176 x 176 Pixeln auf, was schon sehr dürftig ist. Da es ein transflektives Display ist, muss es bei Tageslicht nicht extra beleuchtet werden. Es reflektiert das auftreffende Licht so, dass es immer ablesbar ist, je mehr Licht, desto besser. Grelle Sonne ist also gar kein Problem. Die Blickwinkel hängen stark von der Lichtquelle ab. Das große Dilemma ist der Screen bei Dunkelheit. Die Beleuchtung lässt sich in 5 Stufen regeln und über die App einstellen, von wann bis wann sie aktiv sein soll. Die Geste "Blick auf die Uhr" zur Aktivierung der Beleuchtung, wird dabei unterstützt. Die Qualität des Screens bei Dunkelheit ist aber "unterirdisch". Wer bislang ein AMOLED Display noch nicht vermisst hat, tut dies spätestens jetzt. Wenn man das Display der Amazfit GTS daneben hält, versteht man, weshalb ich denke, dass das LCD Display polarisieren wird.

Einziger Vorteil ist, dass man quasi ohne größeren Stromverbrauch bei Tag, trotzdem ein Allways On Display bekommt und damit eine lange Betriebszeit gewährleisten kann.

 

Auf der Uhr sind 10 verschiedene Watchfaces vorinstalliert, wobei mir das voreingestellte Design, am besten gefällt. Über die Mi Fit App lassen sich 16 weitere Watchfaces herunterladen, so dass für jeden Geschmack etwas dabei sein sollte. Wem das nicht reicht, sollte sich die App Amazfit Bip / Lite & Cor WatchFaces anschauen. Diese bietet mehr als 3000 WatchFaces in deutsch.

 

Betriebssystem und Performance

 

Huami liefert die Uhr mit einem proprietären Betriebssystem aus. Das System erlaubt keine Installation weiterer Apps und ist daher sehr Ressourcen schonend. Dennoch scheint der Prozessor, im Zusammenspiel mit dem Arbeitsspeicher überfordert zu sein. Das merkt man insbesondere bei Nutzung der Sportprogramme, was ich an anderer Stelle noch erläutern werde.

Musik oder Daten können auf der Uhr nicht abgelegt werden. 

 

Wischt man den Screen von oben nach unten, gelangt man in das Menü zur Aktivierung des Nicht stören Modus.

Der Wisch nach oben zeigt die letzten 10 Nachrichten und das Symbol zum löschen dieser. Der Wisch nach links führt zum Hauptmenü.

 

Die Menüstruktur umfasst:

Status (Schritte, Herzfrequenz, km, Kalorien, Inaktivität)

Aktivität (Outdoor Laufen, Indoor Laufen, Radfahren, Gehen, Geschichte)

Wetter (Tagesvorhersage/7 Tagevorhersage)

Wecker (3 Weckzeiten aktivierbar, Einstellung nur über Mi Fit App möglich)

Timer (Stoppuhr, Countdown)

Einstellungen (Zifferblatt, Kurzfunktion "langes drücken" der Krone, Bildschirmhelligkeit einstellen, Smartphone suchen, über, Modelldaten, ausschalten, zurücksetzen)

 

 

Konnektivität und Kommunikation

 

Bluetooth steht in der Version 4.1 zur Verfügung und dient zur Kopplung mit einem Mobiltelefon ab Android 4.4 oder iOS 9.0. 

Für die Verbindung zum Smartphone und eine sinnvolle Nutzung der installierten Apps, muss auf dem Handy die App Mi Fit installiert werden. Nach Installation der App, muss man sich als Nutzer registrieren, oder mit seinem Mi-Konto anmelden. Das verlief bei mir nicht ganz ohne Probleme. Beim Punkt "Region auswählen" hängte sich die App mehrfach auf. Nachdem die App dann endlich auf dem Smartphone war, installierte sie erst einmal zahlreiche Updates (Zifferblatt, Schriftarten, Ressourcen etc.). 

In der Mi Fit App wählt man schließlich die zu verbindende Hardware aus und stellt die Verbindung zwischen App und Uhr her. 

 

Zunächst verlangt die App die Eingabe zahlreicher persönlicher Daten (z.B. Alter, Größe, Gewicht, Trageseite, etc.). Anschließend kann man zahlreiche Einstellungen vornehmen (z.B. Weckzeit, App-Benachrichtigungen, Vibrationsmuster, Schrittvorgabe, Zifferblatt, Terminerinnerungen, SMS, Inaktivitätswarnung, Trennung-Erinnerung, Wettereinstellungen, Gesten, Pulsmessung etc.).

Man kann die Uhr von der App aus suchen. Allerdings vibriert sie nur. Das ist nur in sehr ruhiger Umgebung zielführend. Andersherum ist es sinnvoller, das Smartphone von der Uhr aus zu suchen. Das Handy meldet sich dann mit dem vorgegebenen Klingelton. 

Noch ein Wort zu den Vibrationsmustern. Diese Individualisierungsmöglichkeit finde ich sehr gut. So lassen sich den verschiedenen Benachrichtigungstypen (Anruf, Termin, Wecker, App-Benachrichtigung, SMS, etc.), verschiedene Vibrationsmuster zuordnen, die man individuell erstellen und dann abspeichern kann.

 

Die Mi Fit App ist sehr umfangreich und erlaubt zahlreiche Auswertungen der Aktivitäten, der Herzfrequenz und des Schlafverhaltens. So misst sie permanent den Puls, auch nachts und wertet die Schlafphasen aus. Da ich meinen Ruhepuls kenne, stelle ich teilweise unerklärliche Abweichungen fest, wenn z.B. Nachts um 03:00 Uhr ein Puls von 93Bpm registriert wird, obwohl mein Ruhepuls immer zwischen 50-60Bpm liegt. Der Durchschnittswert im Tagesverlauf ist hingegen plausibel und bestätigt meinen Ruhepuls.

Auch das Schlaftracking funktioniert nicht fehlerfrei, denn auch hier kenne ich meine Werte. Wenn ich um 23:00 Uhr zu Bett gehe, schlafe ich angeblich umgehend ein, auch wenn ich noch bis 24:00 Uhr wach liege. Mein regelmäßiger nächtlichen Toilettengang wurde nur in einem Fall von der App, als Wach-Zeit erfasst. Die registrierten Tiefschlafphasen sind m.E. zu lang.

Die Aktivitäten werden nach zurückgelegten Schritten, durchgeführten Aktivitäten (Laufen, Gehen, Radfahren) und verbrauchter Energie in kcal angezeigt und wenn gewünscht, können diese weiter detailliert werden. 

Darüber hinaus kann man auch unabhängig von der Uhr ein Training starten und aufzeichnen. 

Der Inaktivitätswarner informiert den Nutzer, sollte er länger als 1 Stunde sitzen. Hier lässt sich aber ein Zeitintervall wählen, in welchem die Warnung aktiv ist.

Wer möchte, kann die Ergebnisse seiner Aktivitäten auch mit Freunden teilen.

Eine Schnittstelle zu Google Fit gibt es ebenfalls. 

Nun zu den Funktionen an der Smartwatch selbst. Wer nur einen schnellen Überblick seiner Aktivitäten braucht, kann diese über den Status abrufen. Unter dem Punkt Aktivitäten startet man das gewünschte Sportprogramm. Der Umfang ist, mit 4 Programmen, sehr überschaubar. Da bieten auch einfache Fitnesstracker mehr. Sportler werden mit dieser Uhr wohl eher nicht glücklich. Da kein GPS verbaut ist, nutzt die Uhr das GPS des Smartphones, um die Strecke aufzuzeichnen. Wenn aber das Smartphone ohnehin dabei sein muss, kann ich auch andere Sport-Apps nutzen, die auf meine Sportart besser zugeschnitten sind. Ich habe zum Vergleich der Ergebnisse immer die Sport-App Endomondo mitlaufen lassen, die mir seit Jahren zuverlässige Ergebnisse liefert.

 

Ich habe in einer Woche 4 Trainingseinheiten "Gehen" mit einer Distanz zwischen 4 und 6 km durchgeführt und dabei eine Dauer von 01:20 bis 2:30 h erreicht. In allen Trainingseinheiten wurde die Strecke nicht vollständig bis zum Ende aufgezeichnet, sondern immer vor Ende abgebrochen. Den Grund vermute ich im Low-Budget Prozessor der Uhr. Selbst, wenn ich schon zu Hause war, brauchte die Uhr noch ca. 10 Minuten, um den letzten km zu verarbeiten, bevor die Aufzeichnung dann immer vorzeitig abgebrochen wurde und nie bis zum Ziel reichte. Das ist einfach unbrauchbar. Endomondo benutzte das gleiche GPS im Smartphone und hat seinen Job immer perfekt gemacht. 

 

Die Benachrichtigungen auf der Uhr funktionieren hingegen ohne Tadel. Es kommt alles ohne Verzögerung an, was man vorher in der App ausgewählt hat. Die Nachrichten lassen sich auch größtenteils lesen, wenn auch die Schrift sehr klein ist.

Sehr gut finde ich, dass sich Anrufe an der Uhr abweisen lassen oder das klingeln auf lautlos stellen lässt, auch wenn hier die Übersetzung mit "überspringen" eher missverständlich ist.

Der Vibrationsmotor ist angenehm und in jeder Situation spürbar.

Das Wetter ist ein nettes Gimmick. Ich hätte es aber nicht unbedingt gebraucht. 

Die Weckzeiten lassen sich an der Uhr nur aktivieren oder deaktivieren, aber nicht verstellen. Das geht ausschließlich in der App.

Eine Stoppuhr und ein Countdown an der Uhr sind schon praktisch. Schlecht ist nur, dass der Countdown abbricht, sobald die Smartwatch vom Handy getrennt ist. Man muss also auch immer das Handy in der Nähe haben, mal schnell von der Küche zum Grill rennen ist Gift für den Timer.

Über die Einstellungen lässt sich eins der vorinstallierten Zifferblätter wählen, die Bildschirmhelligkeit anpassen oder definieren, welche Aktivitäten bei einem langen Druck auf die Krone starten soll.

NFC steht nicht im Ausstattungsumfang. Somit muss man zum kontaktlosen bezahlen ein Smartphone mit NFC aus der Tasche holen.

Eine Musikkontrolle des Musikplayers auf dem Handy oder das Fernauslösen der Handykamera ist nicht möglich. 

Akkulaufzeit

 

Der Akku hat eine Kapazität von 200 mAh. In der Praxis hält der Akku erstaunlich lange durch. Die 45 Tage sind aber nicht so problemlos zu erreichen. Bei einem Nutzungsszenario mit Benachrichtigungen, Wecker, Schlaftracking, Pulsmessung über 24h, aber ohne Sportaktivitäten verbraucht man täglich 4%-5% Akkukapazität, was bis zu 25 Tagen entspricht. Kommt noch eine sportliche Aktivität von 90 min hinzu, liegt der Tagesverbrauch etwa doppelt so hoch. 3 Wochen Laufzeit ist also eher realistisch und praxisnah.

Aufgeladen wird die Uhr in einer Ladeschale. Das Ladegerät selbst liegt nicht bei, kann aber von jedem Handy mit passendem USB-Anschluss verwendet werden. Die Ladezeit beträgt ca. 2,5 Stunden.

 

Fazit

 

Die Amazfit Bip Lite ist eine Einsteiger Smartwatch mit Licht und Schatten. Sie ist leicht, flach und angenehm zu tragen. Benachrichtigungen lassen sich individualisieren und werden zuverlässig auf die Uhr gepusht. Anrufe lassen sich abweisen.

Die Akkulaufzeit ist grandios, wenn auch die 45 Tage in der Praxis kaum erreicht werden können.

Die Mi Fit App ist umfangreich und erlaubt detaillierte Einstellungen der Uhr und zahlreiche individuelle Auswertungen.

Das Display beurteile ich als neutral. Es spart Strom und ist Allways On. Bei Dunkelheit ist es aber nicht so prickelnd.

Die Sportfunktionen sind eingeschränkt und funktionieren nicht zuverlässig. Auch der Countdown ist eher unpraktisch. 

Das Preis-/Leistungsverhältnis geht voll in Ordnung.

Sportlern, die ihre Aktivitäten tracken möchten, empfehle ich die Uhr nicht.

Allen, die schnell über die Smartwatch informiert werden möchten, Benachrichtigungen lesen wollen und Anrufe managen möchten, werden in der Amazfit Bip Lite einen zuverlässigen Begleiter finden.

 

Kurzcheck:

+ flaches und leichtes Gehäuse

+ Schweiß resistentes Silikonarmband (wechselbar)

+ gute und umfangreiche App (Mi Fit)

+ Pulskontrolle

+ Schlaftracking 

+ Vibrationsmuster individuell einstellbar

+ Benachrichtigungen individuell einstellbar 

+ Wetter

+ verschiedene Zifferblätter in der Uhr und in der App wählbar

+ Anrufe können abgewiesen werden

+ lange Akkulaufzeit

+ ATM 3 Spritzwasser geschützt (Duschen möglich)

+ Anti-Lost Funktion

+ Smartphone suchen Funktion

- Display bei Nacht

- nur 4 Sportarten

- Tracking unzuverlässig 

- kein GPS

- kleine Schrift bei Nachrichten 

- Countdown nur in Reichweite des Handys nutzbar

- Weckzeit kann nur in der App umprogrammiert werden

- keine Musikkontrolle für das Handy

- keine Fernauslösung der Handykamera möglich

 

Unboxing im Video 

Praxistest im Video

 

Autor: Bernd Volkmer